Materialhandling in der Vorfertigung
Ein effizienter Transport von Stab- und Plattenmaterial in der Vorfertigung im Holzrahmenbau ist wichtig,
um Abläufe in der Produktion zu vereinfachen. Die woodtec Fankhauser GmbH hat daher neue Systeme
entwickelt, die Mitarbeiter entlasten und Wartezeiten auf Hallenkräne verringern sollen.
Dach + Holzbau, Ausgabe 6 2022
Den Wandel in der Vorfertigung von Holzrahmenelementen hat die woodtec Fankhauser GmbH über viele Jahrzehnte mitverfolgt. Wie in anderen Industriesparten auch, war die Idee der Fließbandfertigung im Holzrahmenbau weit verbreitet und Hilfsmittel wie Hallenkräne waren wenig verfügbar. Die Hallen hatten viele Stützen, waren niedrig und man schob die Elemente über Rollenbahnen und Schmetterlingstische von Station zu Station und benutzte Stapler zum Verladen. So wird in vielen Betrieben heute noch in der Vorfertigung von Holzrahmenbauten gearbeitet.
Vom Hallenkran zum „Handlingkran”
Mit den gestiegenen Anforderungen an die Flexibilität setzt man heute bei Hallenneubauten immer mehr auf große Spannweiten und ausreichend Höhe, um die Elemente mit dem Hallenkran wenden und verladen zu können. Da die Elementierung stark zugenommen hat und der Vorfertigungsgrad immer höher wird, arbeiten jedoch immer mehr Zimmerer in der Halle und der Hallenkran ist oft überbeansprucht. Selbst mit einem weiteren Brückenkran auf der gleichen Kranschiene stößt man oft an Grenzen, da die beiden Kräne sich nicht kreuzen können.
Wie in anderen Industriezweigen auch, versucht man dieses Problem mit Arbeitsplatzkränen zu lösen. Manche Betriebe setzen dabei auf Drehkräne mit Schlauchhebern. Bei woodtec Fankhauser hat man hingegen spezielle Halbportalkräne entwickelt, die größere Bereiche bedienen können und bei denen man die Drehbewegung nicht immer ausgleichen muss.
Teleskopisches Hubwerk für schnelles „Pick & Place”
Bei woodtec Fankhauser hat man den Bedarf für diese „Handling-Lösungen“ (also die bessere Handhabbarkeit) früh erkannt und eigens eine Sparte dafür eingeführt. In der frühen Entwicklungsphase setzte man auf Leichtbaulösungen, die von Hand zu bewegen waren. „Das hat sich aber in der Praxis als zu umständlich erwiesen”, sagt Geschäftsführer Thomas Fankhauser, „die Leute sind dadurch körperlich immer noch zu stark belastet.” Diese Tatsache müsse ein besonderes Augenmerk bekommen, da heute in vielen Firmen Mitarbeiter oft ganzjährig am selben Arbeitsplatz arbeiten.
Da die Hauptaufgabe im Holzrahmenbau im Handling von schweren OSB- und Gipsfaserplatten besteht, hat Fankhauser sich bei bei der Entwicklung für ein starres, teleskopisches Hubwerk entschieden, wie es bei Kränen für Plattenlager zum Einsatz kommt. „Die Bedienung erfolgt stufenlos per Joystick”, erklärt Fankhauser, „damit sind die Mitarbeiter voll entlastet.” Außerdem seien die Verfahrgeschwindigkeiten viel höher als mit herkömmlichen Kettenzügen, bei denen immer die Masse vom Schwingen abgehalten werden müsse. Erleichtert wird die Funktionalität über intelligente Assistenzfunktionen. Der Handlingkran bremst auf gewissen Positionen von selbst ab und fährt automatisch auf den Plattenstapel zurück. „Damit sind wir mindestens doppelt so schnell wie mit herkömmlichen Halbportalkränen”, meint Samuel Arnold, Entwicklungsingenieur für die Sparte Materialhandling bei woodtec Fankhauser.
Zwei Jahre nach dem Markteinstieg verfügt der „Handlingkran Pro” von woodtec inzwischen über eine ganze Palette an multifunktionalen Extras. Damit ein Zimmerer sein Holzrahmenelement allein fertigen kann, hat woodtec Fankhauser etwa einen mechanischen Balkengreifer entwickelt, um schwere Schwellen und Gurte zu transportieren.
Vertikale Säge bestücken
In Holzbaubetrieben wird der „Handlingkran Pro” ganz unterschiedlich genutzt. In der Vorfertigung der Zimmerei Treiber im bayerischen Bergen beispielsweise stehen am Ende des Montagetisches Rohmateriallager und eine vertikale Säge. Vor allem Gipsfaserplatten werden auf der Säge vorgeschnitten und dann auf dem Montagetisch auf das Element geklammert. Von dem kleinen Zimmerei-Team soll nur ein Mitarbeiter ständig in der Vormontage beschäftigt sein. „Dafür haben wir eine kippbare Variante des Vakuumhebers entwickelt”, erklärt Samuel Arnold. Damit kann der Arbeiter erst die Platten auf der Säge zuschneiden und sie dann vom Stapel auf das Element befördern. „Mit dieser Lösung ist der Mitarbeiter voll entlastet und es muss kein zweiter Mann zurückbleiben, nur um beim Handling zu helfen”, sagt Arnold.
Wenden der Elemente
Die Firma Holzbau Semmler in Hemau im Landkreis Regensburg hingegen hat eine 25 m lange Montageplattform im Betrieb, an der mit 3 bis 4 Mitarbeitern an etwa ebenso vielen Elementen parallel gearbeitet wird. Auf der gegenüberliegenden Hallenseite werden die beidseitig beplankten Elemente vertikal mit dem Hallenkran aufgestellt, um beispielsweise Fassaden zu montieren und die Elemente auf Pritschen zu verladen. Trotz des Handlingkrans für das Plattenhandling wäre der Hallenkran dadurch oft besetzt gewesen.
Handling in der Vorfertigung
Lösungen für die verschiedensten Ansprüche
„Solche Situationen resultieren oft in unproduktiven Wartezeiten, die im laufenden Betrieb oft niemandem auffallen, sich aber schnell zu Produktivitätseinbußen summieren”, erklärt Arnold. Deshalb gibt es für den „Handlingkran Pro” ein zusätzliches Wende- und Transportmodul. Damit können Elemente gewendet und auch an andere Stationen weitertransportiert oder über Material hinweg befördert werden. Der Hallenkran wird so nur noch für den Abtransport der fertigen Elemente benötigt.
Transport der Einblasplatte
Der Betrieb Stuberholz im Schweizerischen Schüpfen verfügte bereits über Arbeitsplatzkräne für die verschiedenen Stationen der 45 m langen Vorfertigungsanlage. Die Leichtbau- und Turmdrehkräne wurden jedoch aufgrund der höheren Verfahrgeschwindigkeiten und der besseren Abdeckung aller Bereiche durch Handlingkräne von woodtec Fankhauser inklusive des Wende- und Transportmoduls ersetzt.
Ein wichtiger Teil des Handlings entfiel jedoch nicht nur auf Plattenmaterial und das Wenden der Elemente, sondern auch auf den Transport der Einblasplatte. Dieser Prozess braucht, auf das gesamte Element bezogen, relativ lange und kann deshalb nur über einen Arbeitsplatzkran gelöst werden. Beim Versetzen von Feld zu Feld ist zwar die Distanz klein, aber das Ausrichten per Drehkran und das Auspendeln der Kette machen den Vorgang langwierig und mühsam für den Bediener. „Dank einer speziellen Adapterplatte kann der „Handlingkran Pro“ statt des Vakuumhebers die Einblasplatte transportieren”, erklärt Arnold, „das teleskopische Scherenhubwerk unterbindet das Schwingen und macht punktgenaues Versetzen möglich.”
Die Firma Ökotech Systembau in Oberriet (Kanton St.Gallen) ist ein reiner Zulieferer von Holzrahmenelementen. In der neu erweiterten Halle stehen, wie bei Stuberholz, drei Handlingkräne hintereinander über der Montagelinie, um die verschiedenen Stationen zu bedienen: vom Plattenheben zum Wenden bis hin zum Ausflocken. Auf der Verlängerung der gleichen Linie steht auch eine Abbundmaschine von Hundegger. Diese wurde bisher über den Hallenkran mit dem entsprechenden Rohmaterial bestückt – wenn dieser wieder zu lange besetzt war, dann häufig auch von Hand. Deshalb sollte einer der Handlingkräne über der Abbundanlage zum Einsatz kommen. Dabei wollte man jedoch die Balken nicht mit den vorhandenen Balkengreifern heben, da man diese immer händisch lösen muss. Für einen gelegentlichen Einsatz in der
Elementfertigung ist das ausreichend, aber für den Dauereinsatz an der Anlage wollte man einen Schritt weiter gehen. Deshalb hat man die Größe und Saugkraft der Sauger neu konzipiert und speziell für Stabmaterial ausgelegt. „So kann der Bediener die Balken mit dem Teleskop-Greifer punktgenau anfahren, per Vakuum heben und auf die Maschine befördern, oder die bearbeiteten Balken an den Montagetisch befördern”, erklärt Arnold.
Für eine weitere Firma ist man bei woodtec Fankhauser gerade damit beschäftigt, einen Schraubgreifer zu entwickeln, damit man auch Dübelholz oder Weichfaserplatten befördern kann, die man nicht per Vakuum heben kann. „Wir wollen die Fachkräfte im Holzbau bei allen Arbeiten entlasten und Arbeitsbedingungen bieten, die es ihnen erlauben, möglichst lange im Handwerk zu bleiben”, sagt Arnold.